BOOOOMMM – Plötzlich Panik! Was sind Panikattacken?
Stellen Sie sich vor: Plötzlich steigt ein unangenehmes Gefühl in Ihnen hoch, das Sie sich nicht erklären können. Es fühlt sich immer intensiver an und erinnert an ein Feuerwerk, bei dem zu Beginn nur die Zündschnur brennt – doch plötzlich folgt die Explosion: BOOOOMMMM! Ihr Herz rast, Ihre Atmung wird flach (Hyperventilation) und Sie haben das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Schwindel tritt auf, Ihre Gedanken rasen: „Oh nein, was ist, wenn ich ohnmächtig werde? Was, wenn mein Herz stehen bleibt? Oder noch schlimmer – was, wenn ich verrückt werde?“ Ihnen wird heiß, Sie schwitzen, und alles fühlt sich surreal an. Es ist eine Mischung aus Angst und einem Gefühl der Entfremdung, als wäre man in einem Traum (Depersonalisation / Derealisation).
Das, was Sie gerade erlebt haben, nennt sich Panikattacke.
Wie häufig sind Panikattacken?
Laut Studien erleben etwa 10-15 % der Menschen in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben eine Panikattacke. Das bedeutet, dass von den rund 84 Millionen Einwohnern etwa 8,4 bis 12,6 Millionen Menschen irgendwann im Leben eine Panikattacke erleben können. Panikattacken sind häufig – sie können nach extrem belastenden Situationen auftreten, aber auch im Rahmen einer chronischen Belastung, bei der anhaltender Stress sich in einer Panikattacke entlädt. Diese Attacke kann einmalig sein oder aber durch Starke Belastung immer mal wieder auftreten. Man spricht hier jedoch noch nicht von einer Panikstörung, da dies ein eigenständiges Störungsbild ist.
Wann spricht man von einer Panikstörung?
Eine Panikattacke ist nicht zwangsläufig ein Anzeichen für eine Panikstörung. Es spricht jedoch für einer Panikstörung, wenn folgende Diagnosekriterien des ICD-10 erfüllt sind:
- Wiederholte Panikattacken, die ohne erkennbare Auslöser auftreten
- Häufigkeit: Mindestens vier Panikattacken innerhalb eines Monats oder eine Panikattacke pro Woche über mehrere Wochen
- Angst vor weiteren Attacken: Anhaltende Sorgen, dass eine Panikattacke jederzeit wiederkommen könnte
- Körperliche Symptome: Dazu gehören Herzrasen, Atemnot, Schwindel, Zittern, Übelkeit, und Derealisation (Entfremdungsgefühle)
- Ausschluss anderer Ursachen: Es müssen andere körperliche oder psychische Erkrankungen ausgeschlossen werden
Körperliche Ursachen
Die genaue Ursache einer Panikattacke ist oft nicht ganz klar. Es können auch körperliche Ursachen infrage kommen, zum Beispiel eine Schilddrüsenüberfunktion. Deshalb ist es wichtig als erstes die Symptome durch einen Arzt abklären zu lassen, sodass man wirklich sicher sein kann, dass es keine körperlichen Ursachen für die Panikattacken gibt. Genetische Disposition (durch Vererbung) kann ebenfalls eine Rolle spielen, hier sind gewisse Hirnareale besonders aktiv, diese tragen zu einer Grundängstlichkeit bei, welche schneller zu Panik führen kann als bei anderen Menschen.
Psychische Ursachen
Oft gibt es ungelöste Konflikte oder unterdrückte Emotionen, die sich plötzlich ihren Weg ins Bewusstsein bahnen wollen und in einer Panikattacke Ausdruck finden, wie ein Damm, der überläuft, wenn er zu viel Wasser halten muss.
Psychologische Ursachen können anhaltende Angststörungen, Veränderungsängste (Trennung, Jobwechsel, neue Situationen, die mit Stress verbunden sind oder Situation, die eine anhaltende Belastung auf bewusster oder unterbewusster Ebene mit sich bringen), Depressionen, PTBS (posttraumatische Belastungsstörung) oder unverarbeitete belastende Erlebnisse sein, die durch äußere Reize auf bewusster aber auch unterbewusster Ebene zur Panikattacke führen. Wenn Panikattacken im Zusammenhang mit einer anderen psychischen Störung auftreten, kann es sich um eine Komorbidität handeln. Das bedeutet, dass zwei Störungen gleichzeitig bestehen und sich gegenseitig verstärken oder begünstigen, was die Symptomatik oft komplexer und die Behandlung herausfordernder machen kann.
Erlernte Verhaltensmuster aus der Kindheit, die wir von unseren Bezugspersonen übernommen haben, können ebenso maßgeblich zu einer grundlegenden Ängstlichkeit beitragen. Unter Belastung und Stress kann diese tief verwurzelte Angst dann eine Panikattacke auslösen.
Die Ursachen können sehr Komplex sein und erfordern deshalb immer eine ausführliche Anamnese und Diagnostik von einem Arzt oder einer fachspezifischen Person.
Behandlungsmöglichkeiten
Die gute Nachricht ist: Niemand wird durch eine Panikattacke sterben oder verrückt werden. Es handelt sich um eine Überreaktion des Nervensystems, Die richtige Behandlung kann helfen, den Umgang mit Panikattacken zu verbessern und die Häufigkeit zu reduzieren
Verhaltenstherapie
Verhaltenstherapie ist eine der effektivsten Methoden, um Panikattacken zu behandeln. Sie hilft dabei, sowohl das physische Verhalten als auch die Gedanken zu beobachten und neue Verhaltensmuster zu entwickeln, die dem Betroffenen helfen, die Kontrolle zurückzugewinnen.
Tiefenpsychologische Ansätze
Therapeut und Klient schauen gemeinsam auf unterbewusster Ebene, was die Ursache der Panik sein kann und ob es sich zum Beispiel um eine Abwehrstrategie handelt, welche belastende Ereignisse aus dem Bewusstsein halten soll.
Gesprächstherapie
Hier wird gemeinsam reflektiert und geschaut, wo Belastungen liegen und wo sich gewisse Muster abzeichen. Dem Betroffenen wird der Raum geboten, durch Selbstreflexion, Empathie und bedingungslose Akzeptanz all jene Gedanken und Gefühle zu betrachten und auszudrücken, für die sonst kein Platz ist – ohne die Sorge, auf Misstrauen, Ärger oder Scham zu stoßen. Auf diese Weise kann der Lösungsweg aus dem Betroffenen selbst erwachsen.
Bitte beachten Sie, dass die verschiedenen Methoden hier in einer vereinfachten Form dargestellt werden, um lediglich einen groben Überblick darüber zu geben, was die einzelnen Therapieverfahren im Wesentlichen bewirken. Die Techniken und Wirkmechanismen sind zu umfangreich und komplex, um sie hier nachvollziehbar und im Ganzen darzustellen. Bitte wenden Sie sich immer an eine fachspezifische Person, diese kann für Sie einschätzen, welches das geeignete Verfahren für Sie ist
Was können Angehörige tun?
Für Angehörige ist es wichtig, ruhig zu bleiben, wenn jemand eine Panikattacke hat. Versuchen Sie den Betroffenen zum ruhigen Atmen zu animieren, führen Sie die Atmung gemeinsam durch. Achten Sie darauf, dass Sie ruhig und tief atmen. Ein hilfreicher Tipp ist die 4-7-8 Atemtechnik:
- 4 Sekunden einatmen
- 7 Sekunden den Atem halten
- 8 Sekunden ausatmen
Vermeiden Sie es, mit Unverständnis zu reagieren, da das nur zu zusätzlichem Stress fürht und die betroffene Person weiter isoliert. Es ist wichtig, die Person zu ermutigen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn Panikattacken immer wieder auftreten.
Hilfreiche Techniken für Betroffene
Für Betroffene gibt es verschiedene Techniken, die helfen können, eine Panikattacke zu lindern. Hier sind einige, die sich als wirksam erwiesen haben:
- Tiefes Atmen: Versuchen Sie, langsam und gleichmäßig zu atmen. Eine besonders hilfreiche Technik ist die 4-7-8 Atemtechnik
- Bodenständigkeit (Grounding-Techniken): Konzentrieren Sie sich auf Ihre Umgebung und benennen Sie bewusst Dinge, die Sie wahrnehmen. Zum Beispiel:
- 5 Dinge, die Sie sehen können
- 4 Dinge, die Sie fühlen können
- 3 Dinge, die Sie hören können
- 2 Dinge, die Sie riechen können
- 1 Ding, das Sie schmecken können
- Positive Selbstgespräche: Sagen Sie sich, dass die Panikattacke vorübergeht, und dass Sie in Sicherheit sind.
- Langsame Bewegungen: Bewegen Sie sich langsam und bewusst, um den Fokus von der Angst abzulenken.
- Ablenkung: Lenken Sie sich mit beruhigenden Gedanken oder Aktivitäten ab, die Ihre Aufmerksamkeit erfordern.
Fazit und Ausblick
Panikattacken sind belastend, aber mit den richtigen Methoden und der richtigen Unterstützung können Sie lernen, damit umzugehen. Es ist wichtig, den Ursprung der Ängste zu erkennen und sich nicht von ihnen kontrollieren zu lassen. Eine Therapie kann helfen, Panikattacken zu überwinden und ein neues Gleichgewicht zu finden.
Für Angehörige ist es entscheidend, Verständnis zu zeigen und ihre Liebsten zu unterstützen, ohne sie zu kritisieren. Bei anhaltenden Panikattacken sollte unbedingt professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden. Ich hoffe, ich konnte mit meinem Blog eine kleine Einsicht in das Thema der Panikattacken geben und für Betroffene und Angehörige einen kleinen Beitrag zur Hilfe und mehr Verständnis leisten.
Autor: Franco Canzio HPP
Haftungsausschluss: Die in diesem Blog geteilten Informationen dienen lediglich allgemeinen Informationszwecken und ersetzen keine professionelle medizinische oder psychotherapeutische Beratung. Für spezifische gesundheitliche oder psychische Anliegen sollte ein qualifizierter Facharzt oder Therapeut konsultiert werden. Der Autor übernimmt keine Haftung für die Anwendung der hier beschriebenen Inhalte.